Aktuelle Meldungen aus der Politik
Empfehlungen für die Meningokokken-Impfung angepasst
Bei der durch Meningokokken ausgelösten Meningitis bilden sich Symptome heraus, die häufig zum Tod führen können. Säuglinge und Kleinkinder sind durch eine solche Infektion in besonderer Weise gefährdet, können jedoch durch eine entsprechende Impfung geschützt werden. Eine aufgrund einer aktualisierten Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) beim Robert-Koch-Institut (RKI) vom Gemeinsamen Bundesausschuss von Ärzten, Krankenkassen und Patientenvertretern (G-BA) beschlossene Überarbeitung der Richtlinie zur Durchführung dieser Impfungen ist am 30. Mai 2024 in Kraft getreten. Damit ist für gesetzlich Krankenversicherte sichergestellt, dass Säuglinge frühzeitig – im Alter von 2, 4 und 12 Monaten – gegen Meningokokken der Serogruppe B geimpft werden können. Kleinkinder, die diesen empfohlenen Impfzeitraum verpasst haben, sollen die Impfung bis zum 5. Geburtstag nachholen. Unverändert wird auch weiterhin eine Impfung gegen Meningokokken der Serogruppe C im Alter von 12 Monaten empfohlen. Eine Nachimpfung gegen Meningokokken der Serogruppe C bis zum 18. Lebensjahr bleibt ebenfalls weiter möglich.
Long-Covid-Richtlinie in Kraft getreten
Am 9. Mai 2024 sind die Regelungen der bereits am 21. Dezember 2023 vom Gemeinsamen Bundesausschuss von Ärzten, Krankenkassen und Patientenvertretern (G-BA) beschlossenen Erstfassung einer Long-COVID-Richtlinie in Kraft getreten. Wegen der Erledigung vordringlicherer Aufgaben habe ich erst jetzt Zeit gefunden, mich näher mit dieser Information zu beschäftigen. Weil mir ein erster Blick in diesen Text zeigt, dass dieser recht kompliziert aufgebaut ist (es sind immer wieder Verweise auf andere Bestimmungen innerhalb desselben enthalten) und daher für mit solchen Texten nicht vertraute Menschen nur schwer zu verstehen ist, halte ich die Erstellung einer entsprechenden Information für hilfreich und notwendig. Im Augenblick fehlt mir hierfür jedoch die notwendige Zeit, so dass ich diesen Hinweis vorläufig auf die Verlinkung des Richtlinien-Textes beschränken muss. Erläuternde Hinweise können Sie auch der Pressemitteilung entnehmen, die der G-BA anlässlich der Beschlussfassung der Richtlinie herausgegeben hat.
Ambulante spezialfachärztliche Versorgung (ASV) nun auch bei Epilepsie
Seit dem 8. Mai 2024 können nun auch an Epilepsie leidende Patienten im Rahmen der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (vgl. hierzu auch den Artikel „Ambulante Versorgung schwer an MS erkrankter Menschen verbessert“ weiter unten auf dieser Seite) betreut werden. Die Einzelheiten hierzu sind in dem Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses von Ärzten, Krankenkassen und Patientenvertretern (G-BA) vom 21.12.2023 geregelt. In der Nr. 1 des neu in die Anlage 1b der entsprechenden Richtlinie eingefügten Abschnitts „Zerebrale Anfallsleiden (Epilepsie)“ wird konkretisiert, welche (speziellen) Formen epileptischer Anfallsleiden in dieser Versorgungsform behandelt werden können. Neben der Epilepsie im Allgemeinen sind dies die Epilepsia partialis continua (Kojewnikow-Syndrom) und die Erworbene Aphasie mit Epilepsie (Landau-Kleffner-Syndrom). In der Nr. 2 ist dann der Behandlungsumfang geregelt. Die Einzelheiten hierzu sowie die weiteren Regelungen (etwa die Voraussetzungen, die Praxen bzw. Zentren für die Erbringung der Leistung erfüllen müssen) entnehmen Sie bitte dem oben unter der Datumsangabe verlinkten Dokument. In seiner Pressemeldung aus Anlass der Beschlussfassung weist der G-BA besonders darauf hin, dass nunmehr auch an Epilepsie leidende Erwachsene eine spezielle Ernährungsberatung möglich ist.
Außerklinische Intensivpflege soll gesichert werden
Schwerstmehrfachbehinderte Menschen können in einigen Fällen nicht oder nur noch eingeschränkt selbstständig atmen. Durch eine im Jahr 2020 vorgenommene gesetzliche Neuregelung sind die für diesen Personenkreis lebensnotwendigen Leistungen aus dem Regelungsbereich der häuslichen Krankenpflege (§ 37 SGB V) herausgelöst und in die Spezialregelung des § 37c SGB V (Außerklinische Intensivpflege) überführt worden. Mit dieser Neuregelung waren erhebliche Einschränkungen der Verordnungsfähigkeit dieser Leistungen insbesondere für in ihrer eigenen Wohnung lebende behinderte Menschen verbunden, was zumindest zeitweilig Befürchtungen aufkommen ließ, das Selbstbestimmungsrecht dieser Menschen auf ein Leben in ihrer eigenen Häuslichkeit könne eingeschränkt werden. Tatsächlich sind mit dieser Neuregelung für diesen Personenkreis Hürden geschaffen worden, die von den Betroffenen (insoweit sie dauerhaft und durch die Art ihrer Behinderung lebenslang auf Hilfen zum Atmen angewiesen sind) als wenig praktikabel bis unsinnig angesehen werden müssen. So ist etwa der Kreis der verordnungsberechtigten Ärztinnen und Ärzte stark eingeschränkt worden, und vor jeder Neuverordnung muss ärztlicherseits durch eine hierzu berechtigte Ärztin/einen hierzu berechtigten Arzt geprüft werden, ob die Atmungshilfe noch benötigt wird oder eine „Entwöhnung“ eingeleitet werden könnte (so genannte „Potenzialerhebung“).
Der Gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten, Krankenkassen und Patientenvertretern (G-BA) hat nach eigenen Angaben seither versucht, in dem von ihm vom Gesetzgeber noch eingeräumten (engen) Rahmen Regelungen zu finden, die die negativen Folgen dieser Neuregelung für die betroffenen Menschen möglichst begrenzen. In einer Pressemeldung vom 20. Juli 2023 hat er hierzu weitere Beschlüsse bekanntgemacht. Die Potenzialerhebung soll im Rahmen einer bis zum 31. Dezember 2024 befristeten Übergangsregelung in Fällen, in denen ein hierzu berechtigter Arzt/eine hierzu berechtigte Ärztin aktuell nicht verfügbar ist, keine zwingende Voraussetzung für die Verordnung der Leistung sein; sie soll jedoch „möglichst zeitnah und spätestens bis Ende 2024“ nachgeholt werden. Zudem soll der Kreis der berechtigten Personen, die diese Prüfung bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen vornehmen dürfen, erweitert werden. Erweitert werden soll auch der Kreis der verordnungsberechtigen Ärztinnen und Ärzte. Dieser Beschluss wird nun vom Bundesgesundheitsministerium geprüft. Sofern dieses keine Einwände erhebt wird er im Bundesanzeiger veröffentlicht werden und am darauffolgenden Tag in Kraft treten.
Im Rahmen der eingangs beschriebenen gesetzlichen Neuregelung war durch eine bis zum 30. Oktober 2023 befristeten Übergangsregelung die Möglichkeit eingeräumt worden, außerklinische Intensivpflege auch im Rahmen der Bestimmungen über die häusliche Krankenpflege zu verordnen. Die Patientenvertreter im G-BA hatte sich für eine Verlängerung dieser Regelung und eine Aufforderung des G-BA an den Gesetzgeber eingesetzt, diese Übergangsregelung um zwei Jahre zu verlängern. Zwar hatte der erste Teil dieser Forderung allein deshalb keine Chance auf eine Umsetzung, weil die entsprechende Gesetzesgrundlage ab dem 31. Oktober 2023 entfällt; weshalb allerdings die Gremien des G-BA die beantragte Aufforderung an den Gesetzgeber abgelehnt haben, wird leider – jedenfalls im Rahmen dieser Pressemeldung – nicht näher erläutert.
Ambulante Versorgung schwer an MS erkrankter Menschen verbessert
Wie der Gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten, Krankenkassen und Patientenvertretern (G-BA) auf seiner Website meldet, sind am 18. Juli 2023 die Regelungen zur verbesserten ambulanten Versorgung schwer an Multipler Sklerose (MS) erkrankter Menschen in Kraft getreten. Ab sofort steht für diesen Personenkreis die so genannte ambulante spezialfachärztliche Versorgung (ASV) zur Verfügung (vgl.. Fachnews des G-BA vom 18.07.2023). Einige grundlegende Informationen zur ASV hat der G-BA in einem Merkblatt zusammengestellt; entsprechende Behandlungsmöglichkeiten in der Nähe Ihres Wohnortes finden Sie auf der Homepage der ASV-Servicestelle.
Deutscher Bundestag berät Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG)
Dass angesichts (nicht nur, aber auch) gestiegener Kosten neben anderen Politikfeldern auch im Bereich der Pflegeversicherung ein mehr oder weniger dringender Handlungsbedar besteht, dürfte nicht zuletzt den pflegebedürftigen Menschen selbst ebenso wie den sie Pflegenden längst klar geworden sein. So hat die Bundesregierung im April unter dem in der Überschrift wiedergegebenen sperrigen Namen einen Gesetzentwurf zur Lösung der drängendsten Probleme eingebracht. Bezüglich des Inhalts verweise ich auf die zu diesem Gesetzesvorhaben eingerichtete Webseite des Bundesgesundheitsministeriums, auf der alle einschlägigen Dokumente zu dem Gesetzesvorhaben abgerufen werden können, die dort verlinkte Pressemeldung und eine Darstellung auf der Homepage des AOK-Bundesverbandes.
Beitragserhöhungen soll es zum 1. Juli 2023, Leistungsverbesserungen erst ab dem 1. Januar 2024 geben. Keine Lösung gibt es für die ambulant in ihrer Häuslichkeit gepflegten Menschen, die ihren Pflegebedarf mangels zur Verfügung stehender nahestehender Personen ausschließlich durch Leistungen eines ambulanten Pflegedienstes sicherstellen können und hierdurch nach dem Inkrafttreten der „Tariftreueregelung in der Pflege“ zum 1. September 2022 erheblichen Kostensteigerungen unterworfen sind (vgl. Artikel „In eigener Sache...“ weiter unten auf dieser Seite). Zwar hat der bvkm in seiner Stellungnahme zum Referentenentwurf des Gesetzes vom 6. März 2023 auf das Problem hingewiesen und zu dessen Lösung vorgeschlagen, die Pflegesachleistung zum 1. Januar 2024 nicht um 5 %, sondern um 10 % anzuheben (s. dort S. 7 unten). Da ich bezweifle, dass dies einen angemessenen Beitrag zum Ausgleich der entstandenen Kostensteigerungen darstellen wird, habe ich unter dem 11. Mai 2023 den Mitgliedern des Gesundheitsausschusses des Deutschen Bundestages, den Vorsitzenden der in ihm vertretenen Fraktionen sowie nachrichtlich Bundesgesundheitsminister Prof. Lauterbach eine von mir erarbeitete Stellungnahme mit einem Lösungsvorschlag übermittelt.
Verordnung von Heilmitteln jetzt per Videosprechstunde möglich
Am 19. Januar 2023 hatte der Gemeinsame Ausschuss von Ärzten, Krankenkassen und Patientenvertretern (G-BA) Änderungen sowohl der Rehabilitations-Richtlinie als auch der Heilmittel-Richtlinie beschlossen, mit denen jeweils die Verordnung von Heilmitteln per Videosprechstunde ermöglicht werden sollte. Eine zusätzliche Änderung der Rehabilitations-Richtlinie ermöglicht in deren Geltungsbereich zudem die Anwendung elektronischer Verordnungen in deren Geltungsbereich (s. dort § 1a).
Für die Verordnung eines Heilmittels per Videosprechstunde („mittelbare persönliche Kommunikation“) ist zunächst erforderlich, dass der/die Patient/in und seine/ihre zu behandelnde Erkrankung der verordnenden Person oder einer anderen ärztlichen Person der Praxisgemeinschaft bekannt sind. Die Einschränkung, dass die Erkrankung eine Verordnung per Videosprechstunde nicht ausschließen darf, bezieht sich nicht auf bestimmte Krankheiten oder Diagnosen. Mit ihr ist vielmehr gemeint, dass eine Verordnung per Videosprechstunde nur dann erfolgen darf, wenn für sie keine Befunde erhoben werden müssen, die eben nicht im Wege einer solchen Kontaktaufnahme erhoben werden können. Dies festzustellen obliegt der die Sprechstunde durchführenden ärztlichen Person. Müssen für die Verordnung derartige Befunde erhoben werden, darf diese nicht per Videosprechstunde erfolgen. Zudem ist klargestellt, dass ein Rechtsanspruch auf eine auf diesem Weg erteilte Verordnung nicht besteht. Weitere Einzelheiten entnehmen Sie bitte dem Text (Heilmittel-RL) des Beschlusses sowie dessen Begründung (ebenfalls Heilmittel-RL).
Diese Änderungen sind für die Rehabilitations-Richtlinie am 22. März 2023 und für die Heilmittel-Richtlinie am 12. April 2023 in Kraft getreten. Die oben verlinkten Richtlinientexte entsprechen bereits dem jeweils aktualisierten Stand.
Neue Regelungen im Gesundheitsbereich
Nach Beginn des Jahres 2023 sind einige wichtige Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschussess von Ärzten, Krankenkassen und Patientenvertretern (G-BA) in Kraft getreten, die Menschen mit Behinderung betreffen:
a) Heilmittel
Am 21. Januar 2023 traten Änderungen der Heilmittel-Richtlinie und des Heilmittelkatalogs in Kraft. Aus Sicht behinderter und chronisch kranker Menschen ist insbesondere hervorzuheben, dass Verordnungen für Versicherte mit einem langfristigen Heilmittelbedarf, die eine auf 12 Wochen berechnete Verordnungsmenge umfassen, nicht mehr automatisch nach 12 Wochen abgebrochen werden müssen. Dokumentiert der/die Behandler/in die Gründe dafür, weshalb die verordnete Behandlungsmenge nicht in der vorgesehenen Zeit erbracht werden konnte, kann die Verordnung über den 12-Wochen-Zeitraum hinaus fortgeführt werden.
Im Heilmittelkatalog gibt es eine Anpassung im Bereich Physiotherapie: Unter „Chronifiziertes Schmerzsyndrom“ ist die Bezeichnung „Chronisches Regionales Schmerzsyndrom“ durch die Bezeichnung „Komplexes regionales Schmerzsyndrom“ ersetzt worden (vgl. S. 5 des Heilmittelkatalogs).
b) Zahngesundheit
Am 15. Februar 2023 ist eine Änderung der „Richtlinie über Maßnahmen zur Verhütung von Zahnerkrankungen bei Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderungen“ in Kraft getreten. Diese ist zwar nicht inhaltlicher Art, sondern betrifft lediglich die in ihr geregelten Berichtspflichten; allerdings nehme ich dies zum Anlass, einmal auf diese Rechtlinie hinzuweisen. Mit ihr sollen die Maßnahmen zur Erhaltung der Zahngesundheit und der Mundhygiene bei pflegebedürftigen Menschen und solchen, die Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII erhalten, verbessert und koordiniert werden.
c) Regeln zur Verordnung von Cannabis-Produkten
Am 16. März 2023 hat der G-BA einen Beschluss gefasst, mit dem die Regeln für die Verordnung von Cannabis-Produkten präzisiert werden sollen. Er bedarf allerdings noch der Zustimmung der Bundesregierung. Nähere Informationen finden Sie auf der Seite „Die Behandlung von Spastik mit THC“.
2023: Vermögensfreigrenze für Sozialhilfebezug verdoppelt
Mit der Verabschiedung des Gesetzes zur Einführung des Bürgergeldes ist auch eine Anhebung der Vermögensfreigrenze für den Bezug von Leistungen der Sozialhilfe zur Teilhabe oder der (ergänzenden) Hilfe zur Pflege beschlossen worden: Zum 1. Januar 2023 ist der seit dem 1. April 2017 geltemde Betrag von 5.000 € auf 10.000 € verdoppelt worden. Zudem ist seit diesem Zeitpunkt bei Sozialhilfebezug auch ein „angemessenes“ Kraftfahrzeug vor der Verwertung als Vermögen geschützt; dessen Verkehrswert darf 7.500 € nicht übersteigen. Auch zählen ab diesem Zeitpunkt Erbschaften nicht mehr zum Einkommen; sie werden stattdessen in dem Monat nach ihrem Bezug dem Vermögen zugeschlagen. (Quelle: Bundesregierung; Abschnitt. „4. a.) Neuregelungen in der Sozialhilfe nach dem Zwölften) Buch Sozialgesetzbuch“).
2023: Hinzuverdienstmöglichkeiten bei Erwerbsminderungs-Renten stark verbessert
Am 2. Dezember 2022 hat der Deutsche Bundestag neben einer Vielzahl weiterer Entscheidungen auch dem vom der Bundesregierung eingebrachten Achten Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und weiterer Gesetze – 8. SGB IV-ÄndG – zugestimmt. Darin ist auch eine Neuregelung der Zuverdienstgrenzen beim Bezug von Renten wegen Erwerbsminderung enthalten. Die bisher beim Bezug einer vollen Erwerbsminderungsrente geltende Grenze von einheitlich 6.300 € jährlich entfällt. Sie berechnet sich künftig anhand der für das jeweilige Jahr geltenden Bezugsgrenze. Diese ist (noch immer!) in „West“ und „Ost“ geteilt. Für 2023 ergibt sich hieraus eine Zuverdienstgrenze von 17.823,75 € bzw. 17.272,50 €. Auch die Zuverdienstmöglichkeiten bei teilweiser Erwerbsminderung werden erheblich verbessert. Sie lassen sich jedoch nicht allgemeinverbindlich beziffern, weil sie sich u.a. an der Höhe der individuell bezogenen Rente orientieren.
In eigener Sache: „Tariftreue-Gesetz als Armutsfalle
Seit dem 1. September 2022 gilt das Tariftreue-Gesetz in der Pflege, das noch von der Großen Koalition verabschiedet worden war. Es beinhaltet, dass Pflegeeinrichtungen nur noch dann eine Zulassung nach dem SGB XI erhalten, wenn sie ihren Mitarbeitenden Tariflöhne zahlen. Das ist sicherlich ein wichtiger Schritt, um die Qualität der Pflegeleistungen zu verbessern und den Pflegeberuf attraktiver zu machen.
Doch diese Verbesserung hat auch eine Kehrseite. Dass die Entgelte in der stationären Pflege steigen werden und dies zu einer Mehrbelastung der Bewohner*innen dieser Einrichtungen und letztlich auch der Sozialhilfeträger führen wird, ist seit Inkrafttreten der Regelung durchaus thematisiert worden. Aber nicht nur dieser Personenkreis ist betroffen, sondern ebenso die Kundinnen und Kunden ambulanter Pflegedienste. Und für diese droht nun die Armutsfalle. Auch der Autor dieses Artikels ist hiervon betroffen: Bei einem monatlichen Gesamteinkommen von knapp 2.000 € steigt sein monatlicher Eigenanteil an den Pflegekosten von bisher durchschnittlich etwa 500 € auf über 1.200 €. Ohne Weiteres dürfte deutlich werden, dass so vorhandene Rücklagen bald aufgebraucht sein werden. Zwar gibt es auch für ihn die Möglichkeit des Gangs zum Sozialamt; allerdings erst, wenn die Rücklagen 5.000 € unterschreiten.
Der Autor ist wegen seit seiner Geburt bestehenden Körperbehinderung und in den letzten Jahren eingetretenen weiteren Schädigungen pflegeabhängig. Dennoch war er lange Zeit sowohl hauptamtlich als auch ehrenamtlich in der Arbeit für Menschen mit Behinderung engagiert. Er war davon ausgegangen, seinen Lebensabend mit bescheidenen Annehmlichkeiten genießen zu dürfen. Diese Hoffnung ist erst einmal zerstört.“
Diese Information habe ich am 11. Oktober 2022 verfasst und den Redaktionen der Rheinische Post, der WAZ (Funke Mediengruppe), der Frankfurter Rundschau und der Süddeutschen per E-Mail übermittelt. Abhilfe könnte für viele Betroffene eine Regelung schaffen, die nach meinen Informationen bereits in der Ampel-Koalition in Berlin diskutiert wird oder zumindest diskutiert wurde: sie sähe eine Deckelung der Eigenbeteiligung an den Pflegekosten in der Weise vor, dass ab Erreichen eines noch festzusetzenden jährlichen Höchstbetrags die Pflegekosten in voller Höhe von den Pflegekassen übernommen werden. Ebenfalls am 11.10.2022 habe ich bei der Rechtsabteilung des bvkm nachgefragt, ob dort weitere Informationen zu diesem Vorhaben vorliegen; eine Antwort hierzu erwarte ich allerdings nicht vor der Woche ab dem 17.10.2022.
Des weiteren erwäge ich, mich direkt an die Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung zu wenden. Für ein solches Vorhaben wäre es m.E. sinnvoll, wenn man die Kontaktaufnahme mit entsprechenden Berichten von Betroffenen unterlegen könnte. Falls Sie dies nicht selbst unternehmen möchten, können Sie mir hierzu gerne eine E-Mail übermitteln, deren Inhalt ich dann (falls gewünscht in anonymisierter Form) weiterleiten würde.
Erweiterung des Diagnose-Katalogs für langfristigen Heilmittelbedarf
Bereits am 15. September 2022 hatte der Gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten, Krankenkassen und Patientenvertretern (G-BA) eine Erweiterung der Diagnoseliste für langfristigen Heilmittelbedarf zum 1. Januar 2023 angekündigt (zur Erinnerung: diese Liste führt Krankheiten bzw. Behinderungen auf, die dauernd einer Therapie mit Heilmitteln [Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie] bedürfen und daher vom behandelnden Arzt/der behandelnden Ärztin in einer Menge verordnet werden dürfen, die für ein Quartal ausreicht). Diese Pressemeldung enthielt jedoch noch keine Information darüber, um welche Diagnosen die Liste ergänzt werden sollte. Auf entsprechende Nachfrage wurde mir diese Liste zur Verfügung gestellt. Vorgesehen ist – vorbehaltlich der Genehmigung durch das Bundesministerium für Gesundheit – die Aufnahme folgender Diagnosen:
- Hereditäre sensomotorische Neuropathie;
- Sonstige hereditäre und idiopathische Neuropathien;
- angeborene oder entwicklungsbedingte Myasthenie;
- Myotone Syndrome;
- Angeborene Myopathien;
- Mitochondriale Myopathie, anderenorts nicht klassifiziert;
- Myopathie bei Stoffwechselkrankheiten;
- Beidseitiger (teilweiser) Verlust der oberen Extremitäten;
- Beidseitiger (teilweiser) Verlust der unteren Extremitäten;
- Verlust von oberen und unteren Extremitäten (jede Höhe);
- Deletion des kurzen Armes des Chromosoms 4 (Wolf-Hirschhorn-Syndrom);
- Sonstige Deletion eines Chromosomenteils (Angelmann-Syndrom)
Krankengeld für Begleitperson im Krankenhaus geregelt
Update vom 13.10.2022: Der G-BA teilt in seinem Info-Dienst vom 12.10.2022 mit, dass die Richtlinie im Bundesanzeiger veröffentlicht wurde und somit wie geplant zum 1. November 2022 in Kraft treten kann.
Ab dem 1. November 2022 haben Personen, die einen Menschen mit Behinderung bei einem Krankenhausaufenthalt begleiten, in bestimmten Fällen Anspruch auf die Zahlung von Krankengeld. Der Gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten, Krankenkassen und Patientenvertretern (G-BA) hat am 18. August 2022 nähere Regelungen verabschiedet und in einer Pressemitteilung veröffentlicht. Danach kann eine Begleitung bei einem Krankenhausaufenthalt aus medizinischen Gründen bei Menschen notwendig sein, die wegen einer schweren geistigen Behinderung oder fehlender sprachlicher Verständigungsmöglichkeiten durch eine vertraute Bezugsperson unterstützt werden müssen.
Zur Konkretisierung hat der G-BA drei Fallgruppen gebildet:
- Begleitung, um während der Krankenhausbehandlung eine bestmögliche Verständigung mit der Patientin oder dem Patienten zu gewährleisten,
- Begleitung, damit die Patientin oder der Patient die mit ihrer Krankenhausbehandlung verbundenen Belastungssituationen besser meistern kann, insbesondere bei fehlender Kooperations- und Mitwirkungsfähigkeit sowie
- Begleitung, um die Patientin oder den Patienten während der Krankenhausbehandlung in das therapeutische Konzept einbeziehen zu können oder zur Einweisung in die anschließend weiterhin notwendigen Maßnahmen.
Die Feststellung des entsprechenden Bedarfs anhand mindestens eines der vorstehend aufgeführten Kriterien erfolgt entweder im Rahmen der aktuell notwendigen Krankenhauseinweisung auf dem entsprechenden Formular oder unabhängig von einer solchen mit einer auf bis zu zwei Jahre befristeten Bescheinigung. Als Begleitperson kommen nahe Angehörige oder Personen aus dem persönlichen Umfeld des behinderrten Menschen infrage, die diesem in vergleichbarer Weise nahestehen. Die für den Krankengeldbezug notwendigen Bescheinigungen für den Arbeitgeber sind von dem die Behandlung durchführenden Krankenhaus auszustellen.
Zugang zu Reha-Maßnahmen wird erleichtert
Der Gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten, Krankenkassen und Patientenvertretern (G-BA) hat laut einer eigenen Mitteilung vom 16. Dezember 2021 den Zugang zu Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation für bestimmte Personengruppen und Fallgestaltungen vereinfacht. So sollen Maßnahmen der geriatrischen Rehabilitation für Personen ab der Vollendung des 70. Lebensjahres sowie Anschlussheilbehandlungen nach Krankenhausaufenthalten von den Krankenkassen nicht mehr auf ihre Erforderlichkeit geprüft werden. Für letztere soll dies laut der Pressemitteilung jedenfalls dann zutreffen, wenn durch sie voraussichtlich der Eintritt von Pflegebedürftigkeit vermieden werden kann.
Auch wenn der größte Teil von Menschen mit Behinderungen oder chronischen Krankheiten wahrscheinlich auch weiterhin um viele eigentlich notwendige Reha-Maßnahmen wird kämpfen müssen (die zur Erhaltung der Erwerbsfähigkeit sind hier z.B. gar nicht erfasst, da sie von der gesetzlichen Rentenversicherung zu erbringen sind), ist diese Entscheidung zu begrüßen. Es ist zu hoffen, dass mit ihrer Hilfe in mehr Fällen auch bei Vorliegen einer Behinderung oder chronischen Erkrankung der Eintritt von Pflegebedürftigkeit zumindest hinausgezögert werden kann. Leider wird nicht deutlich, ob diese Regelung auch dann gelten soll, wenn durch die Reha-Maßnahme bei bereits bestehender Pflegebedürftigkeit deren Verschlimmerung vermieden werden kann.
Heilmittel werden Bestandteil telemedizinischer Versorgung
Mit einem Beschluss vom 21. Oktober 2021 hat der Gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten, Krankenkassen und Patientenvertretern (G-BA) den Weg dafür frei gemacht, dass künftig auch nach Überwindung der durch die Covid-19-Pandemie verursachten Einschränkungen Heilmittel (genannt werden hier insbesondere Sprach- und Ergotherapie) per Video-Schalte erbracht werden können. Er setzt damit entsprechende gesetzliche Regelungen um. Diese sehen allerdings auch vor, dass die Einzelheiten der Leistungserbringung nicht durch wissenschaftlich qualifizierte Beschlüsse des G-BA geregelt werden sollen, sondern durch Verträge zwischen dem GKV-Spitzenverband und den Spitzenverbänden der Heilmittelerbringer. Dies wird vom G-BA in seiner Pressemeldung bedauert; eine nicht sachgerechte Erbringung der Videotherapie könne zu „schwerwiegenden negativen Effekten in der Patientenversorgung“ führen.
Nach dem bisherigen Sachstand laufen die vom G-BA aufgrund der Covid-19-Pandemie beschlossenen Sonderregelungen zum 31.12.2021 aus. Sollten diese nicht verlängert werden, ist noch nicht absehbar, ab wann eine telemedizinische Versorgung mit Heilmitteln regelhaft möglich sein wird. Hierfür ist zum einen ein Wirksamwerden der entsprechenden Beschlüsse des G-BA (die noch vom Bundesgesundheitsministerium gebilligt werden müssen) und zum anderen der Abschluss der oben erwähnten Verträge notwendig. Weitere Informationen entnehmen Sie bitte der oben verlinkten Pressemeldung.
Unterstützung schwer behinderter Menschen im Krankenhaus
Wenn sich ein Mensch mit einer schweren Behinderung einer Krankenhausbehandlung unterziehen muss, ist oftmals eine seiner Behinderung bzw. seinen Bedarfen entsprechende pflegerische Versorgung nicht in ausreichendem Maße gewährleistet. In vielen Fällen ist das Krankenhaus-Pflegepersonal mit den speziellen pflegerischen Erfordernissen nicht vertraut. Noch schwieriger wird es, wenn durch eine Sprech- bzw. Sprachbehinderung die Kommunikation mit dem Pflegepersonal erschwert oder nahezu unmöglich ist. Selbsthilfeverbände behinderter Menschen hatten sich bereits seit Jahren für Abhilfe eingesetzt. Am 17. September 2021 hat der Bundesrat grünes Licht für eine erste Stufe von Leistungen gegeben, die hier für Abhilfe sorgen sollen. In bestimmten Fällen sollen die Kosten für durch nahestehende Personen oder Mitarbeiter*innen von Einrichtungen für Menschen mit Behinderung in Krankenhäusern erbrachte Hilfeleistungen von den gesetzlichen Krankenkassen bzw. von den Trägern der Einrichtungen übernommen werden. Voraussetzung ist in beiden Fällen, dass für den behinderten Menschen dem Grunde nach ein Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB IX besteht („dem Grunde nach“ bedeutet, dass es keine Rolle spielt, wenn der Anspruch wegen Überschreiten der Einkommens- bzw. Vermögensgrenzen nicht realisiert werden kann). Ein gewaltiger Wermutstropfen ist allerdings, dass diese Regelungen erst ein Jahr (!) nach ihrer Verabschiedung in Kraft treten sollen. Zudem hat der Bundesrat bei der Verabschiedung der Regelungen gefordert, in weiteren Gesetzgebungsverfahren sowohl den berechtigten Personenkreis als auch die Leistungen auszuweiten. Weitere Informationen finden Sie auf der Website des Beauftragten der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung.
Es bleibt zu hoffen, dass sich die neue Bundesregierung aus SPD, GRÜNEN und FDP (so sie denn zustande kommt) dazu durchringen kann, die verabschiedeten Regelungen vielleicht doch früher in Kraft zu setzen und die vom Bundesrat angemahnten Verbesserungen möglichst schnell zu beschließen.
Bessere Behandlung rheumatoider Arthritis
Für Patienten, die an rheumatoider Arthritis leiden und in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind, stehen ab dem 1. Oktober 2021 verbesserte Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. In einer Pressemeldung vom 29.09.2021 macht der Gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten, Krankenkassen und Patientenvertretern (G-BA) bekannt, dass ab diesem Datum den Betroffenen ein strukturiertes Behandlungsprogramm, ein so genanntes „Disease Management Program“ (DMP) angeboten werden kann. Diese Pressemeldung enthält zudem einen Link zu einer Erläuterung, was hierunter genau zu verstehen ist.
Neugeborenen-Screening erweitert
Am 28. September informiert der Gemeinsame Ausschuss von Ärzten, Krankenkassen und Patientenvertretern (G-BA) darüber, dass das so genannte Neugeborenen-Screening ab dem 1. Oktober 2021 um die spinale Muskelatrophie (SMA) und die Sichelzellkrankheit erweitert wird. Somit kann auch bei von diesen seltenen Krankheiten betroffenen Kinder n künftig schneller mit einer Behandlung begonnen werden.
Ambulante Versorgung bei neuromuskulären Erkrankungen verbessert
Mit einiger Verspätung (sorry!) möchte ich darüber informieren, dass einige Formen neuromuskulärer Erkrankungen bereits seit dem 6. Mai 2021 in die „ambulante spezialfachärztliche Versorgung“ (ASV) aufgenommen worden sind. Was dies im Einzelnen bedeutet, entnehmen Sie bitte der entsprechenden Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses von Ärzten, Krankenkassen und Patientenvertretern (G-BA). Ab S. 93 dieser Richtline können Sie nachlesen, welche Erkrankungen genau hiervon betroffen sind. Für weitere Einzelheiten sollten Sie ggfls. Kontakt mit ihrem behandelnden Arzt/ihrer behandelnden Ärztin oder ihrer Krankenkasse aufnehmen.
Aus „MDK“ ist „MD“ geworden
Es ist an mir vorübergegangen: Bereits im vergangenen Jahr ist ein Gesetz verabschiedet worden (und zum 1. Januar 2021 in Kraft getreten), mit dem der Medizinische Dienst der Krankenkassen reformiert und aus der Verwaltungszuständigkeit der Krankenkassen herausgelöst werden soll. Zum 1. Juli 2021 sind aus den jeweiligen „Medizinischen Diensten der Krankenkassen“ (MDK) die „Medizinischen Dienste“(MD) geworden. Aus unserer (der Patienten) Sicht ist die wohl wichtigste Änderung, dass von nun auch Patientenvertreter in den jeweiligen Aufsichtsräten sitzen. Aus den mir derzeit (7. Juli 2021) vorliegenden Informationen lässtn sich jedoch (noch?) nicht erkennen, inwieweit etwa Begutachtungen zur Hilfsmittelversorgung oder zur Einstufung in der Pflegeversicherung durch die Reform möglicherweise „patientenfreundlicher“ werden könnten. Einen kurzen Überblick über die Neuerungen finden Sie etwa beim AOK-Bundesverband.
Gesetzentwürfe zur Sterbehilfe liegen vor
Nach der am 21. April 2021 im Deutschen Bundestag geführten „Orientierungsdebatte zur Sterbehilfe“ und deren Auswertung habe ich mich entschlossen, diesem Thema eine eigene Seite zu widmen. Dort finden Sie seit dem 7. Juni 2021 Informationen über die diesbezüglichen politischen Entwicklungen.
Heilmittel-Richtlinie wird ergänzt
Nach dem Inkrafttreten der neuen Heilmittelrichtlinie zum 1. Januar 2021 hat sich herausgestellt, dass es hinsichtlich der Liste der Diagnosen, bei denen ein langfristiger Behandlungsbedarf gegeben ist (Anhang 1 der Richtlinie) Ergänzungsbedarf gibt. Offenbar durch Meldungen der Selbsthilfeverbände und von Ärzten hat sich herausgestellt, dass nicht alle Patientengruppen, die in der Vergangenheit Verordnungen außerhalb des Regelfalles erhalten konnten, in dieser Liste berücksichtigt wurden. Mit Wirkung vom 1. Juli 2021 hat der Gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten, Krankenkassen und Patientenvertretern (G-BA) daher die folgenden Diagnosen in diese Liste aufgenommen:
- Guillain-Barré-Syndrom
- Normaldruckhydrozephalus
- Arthropathia haemophilica
- Ehlers-Danlos-Syndrom
- Osteogenesis imperfecta („Glasknochenkrankheit“)
- Angeborene Fehlbildungssyndrome mit vorwiegender Beteiligung der Extremitäten (Gliedmaßen)
- Verbrennungen oder Verätzungen
Weitere Informationen enthält die Dokumentation „Tragende Gründe zum Beschluss“ (ab S. 2), die auch auf der entsprechenden Seite des G-BA abrufbar ist
Diese Diagnoseliste hat die frühere „Verordnung außerhalb des Regelfalles“ abgelöst. In ihr sind Diagnosen aufgeführt, die zu einem dauerhaften Behandlungsbedarf führen. Für Versicherte mit diesen Diagnosen können die behandelnden Ärzte/Ärztinnen dauerhaft Verordnungen ausstellen. Die Verordnungen können eine Behandlungsmenge (Anzahl der verordneten Behandlungen) für zwölf Wochen umfassen. Anders als bisher ist ein Antrags- und Genehmigungsverfahren auf Anerkennung der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe (von Versicherten) nicht mehr vorgesehen.
Die „Lesehilfe“, mit deren Hilfe die alte Fassung der Richtlinie mit der Neufassung verglichen werden kann, ist weiterhin verfügbar. Auf seiner Homepage hält der G-BA darüber hinaus weitere Materialien zu diesem Komplex zum Download bereit.
Krankschreibung per Video-Sprechstunde unter Dach und Fach
Der Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschuss von Ärzten, Krankenkassen und Patientenvertretern (G-BA) vom 16. Juli 2020, dem zufolge Krankschreibungen künftig in bestimmten Fällen auch per Video-Sprechstunde erfolgen können, ist mit Wirkung vom 7. Oktober 2020 in Kraft getreten. Voraussetzung ist, dass die betreffende Person der Arztpraxis persönlich bekannt ist und die Erkrankung eine Untersuchung per Video-Sprechstunde zulässt. Die erstmalige Feststellung der Arbeitsunfähigkeit wird auf sieben Tage begrenzt. Eine Folgekrankschreibung per Video-Sprechstunde setzt voraus, dass die ihr vorausgehende Krankschreibung aufgrund einer persönlichen Untersuchung erfolgt ist. Weitere Hinweise zu diesem Komplex finden Sie in der Pressemitteilung des G-BA zum Thema. Die konkrete Regelung findet sich in dem (neuen) § 4 Abs. 5 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie.
Ausgleich für entgangenen WfbM-Lohn
Der Bundesrat hat am 3. Juli 2020 einer Änderung der so genannten Ausgleichsabgabe-Verordnung zugestimmt. Darin ist festgelegt, dass der Bund einmalig für das Jahr 2020 zugunsten der Länder auf einen Teil der Einnahmen aus der Ausgleichsabgabe verzichtet, die Arbeitgeber zu zahlen haben, die nicht die gesetzlich vorgeschriebene Anzahl schwerbehinderter Menschen beschäftigen. Mit diesem Geld sollen die Integrationsämter der Länder Einnahmeausfälle der in Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) Beschäftigten ausgleichen, die durch die Schließung dieser Einrichtungen wegen der „Corona“-Pandemie entstanden sind. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass den in WfbM beschäftigten Menschen – anders als denen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt – kein Anspruch auf Kurzarbeitergeld zusteht. Welche Höhe die Zahlungen haben werden, geht aus diesen Informationen leider nicht hervor.
Pauschbetrag wegen Behinderung soll verdoppelt werden
Bereits seit vielen Jahren – ja: Jahrzehnten – war es immer wieder gefordert worden: den Steuerfreibetrag wegen behinderungsbedingter Mehrbelastungen zu erhöhen. Immer wieder ist dieses Ansinnen von der Politik mit der Begründung abgelehnt worden, über den Pauschbetrag hinausgehende durch die Behinderung bedingte Mehrausgaben könnten ja im Wege des Einzelnachweises geltend gemacht werden. Am 5. Juli 2020 ist nun mehreren Medienberichten zu entnehmen, Bundesfinanzminister Olaf Scholz habe in der „BamS“ eine Verdoppelung angekündigt; damit würde der Freibetrag in der höchsten Stufe (bei vom Versorgungsamt durch das Merkzeichen „H“ anerkannter Hilflosigkeit bzw. Blindheit) von aktuell 3.700 EUR auf 7.400 EUR jährlich steigen. Die Neuregelung soll noch in diesem Jahr beschlossen werden.
Diese Erhöhung war längst überfällig. Der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung, Jürgen Dusel, bemerkt zu Recht, dieser Steuerfreibetrag sei seit über 40 Jahren (!) nicht mehr angepasst worden. Zudem war von den Betroffenen immer wieder vergeblich darauf hingewiesen worden, dass bei der steuerlichen Geltendmachung im Wege von Einzelnachweisen eine von der jeweiligen Höhe des Einkommens abhängige „zumutbare Eigenbelastung“ in Abzug gebracht wird; das können bei alleinstehenden Personen zwischen 5% und 7% des steuerpflichtigen Einkommens sein. Somit war es durchaus möglich, dass es sich gar nicht lohnte, über den Pauschbetrag hinausgehende Aufwendungen geltend zu machen, weil nach Abzug der „zumutbare Eigenbelastung“ letztlich ein Betrag übrig blieb, der niedriger als der Pauschbetrag ausfiel.
Intensivpflege-Gesetz beschlossen
Der Deutsche Bundestag hat nach langen Debatten auf seiner Sitzung vom 2. Juli 2020 das so genannte „Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz“ beschlossen. In diesem war ursprünglich vorgesehen, dass behinderte Menschen, die dauerhaft künstlich beatmet werden müssen, nahezu regelhaft die ambulant erbrachte häusliche Krankenpflege nicht mehr von den Krankenkassen finanziert bekommen sollten. Das hätte bedeutet, dass ein Großteil dieser Menschen gegen ihren Willen in ein Pflegeheim hätte umziehen müssen. Nach massiven Protesten der Betroffenen hatte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn von diesen Plänen Abstand genommen und eine Entschärfung der Regelung versprochen. Dem Vernehmen nach soll nun der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) begutachten, ob in der jeweiligen häuslichen Situation die jederzeit sichere Versorgung der betroffenen Menschen hinreichend gewährleistet ist. Eine Zusammenfassung der wichtigsten Regelungen, aber auch Kritikpunkte können Sie einem Online-Artikel der „ÄrzteZeitung“ vom selben Tag entnehmen. Es wird wichtig sein, die weitere Entwicklung zu beobachten. Das Selbstbestimmungsrecht der betroffenen Menschen mit Behinderung scheint nach wie vor in Gefahr zu sein; womöglich wird irgendwann eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts notwendig werden.
Diskriminierung durch Sicherheitsmaßnahmen
Seit Mitte März 2020 hält die so genannte „Corona“-Krise Deutschland (und die ganze Welt) in Atem (s. auch den Beitrag „BVerfG definiert Solidarität bei Pandemie“ auf der Seite „Wichtige Gerichtsentscheidungen“). Eine der wichtigsten Maßnahmen, mit denen eine Verbreitung des „SARS-CoV-2“ genannten Virus nach Möglichkeit verhindert werden soll, ist die Einhaltung eines Mindestabstandes von 1,5 m etwa beim Einkaufen. Ein Mittel hierzu wird in der Verpflichtung gesehen, beim Einkauf einen Einkaufswagen mitzuführen. Dies ist für Rollstuhlnutzer/innen oder Nutzer/innen von Gehhilfen jedoch in aller Regel nicht möglich. Der Landesverband für Menschen mit Körper- und Mehrfachbehinderung Baden-Württemberg e.V. weist in seinem Newsletter vom 15. Mai 2020 darauf hin, dass es sich um einen Verstoß gegen § 3 Abs. 2 des Allgemeinen Gleichstellungsgesetzes (AGG) handelt, wenn diesen Personen unter Hinweis auf die Pflicht zum Mitführen eines Einkaufswagens der Einkauf verwehrt werden sollte; sollten Sie in diesem Bundesland wohnen, bittet der Verband um entsprechende Erfahrungsberichte und bietet im Rahmen seiner Möglichkeiten Hilfestellung an. Ergänzend wird die Auffassung vertreten, dass auch § 20 Abs. 1 Nr. 1 AGG eine solche Maßnahme nicht rechtfertigen kann. Gleiches gilt hinsichtlich der Pflicht, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen („Maskenpflicht“), wenn dies behinderungsbedingt nicht möglich ist. Für diese Fälle müssen die landesrechtlichen Regelungen Ausnahmen vorsehen (für NRW ist mir bekannt, dass dies jedenfalls hinsichtlich der Maskenpflicht der Fall ist). Wie belastend für die Menschen offenbar auch in diesem Bereich die Probleme sind, zeigt ein Beitrag des oben erwähnten Verbandes vom 20. Mai 2020. Auf die gesamte Problematik macht auch die Antidiskriminierungsstelle des Bundes in einer entsprechenden Publikation aufmerksam (vgl. dort S. 4).
Wahlrechtsausschlüsse beseitigt – ergänzende Regelungen in Kraft
Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG), Wahlausschlüsse behinderter bzw. unter Betreuung in allen Angelegenheiten stehender Menschen seien mit dem Grundgesetz unvereinbar (s. die Meldung auf der Seite „Wichtige Gerichtsentscheidungen“), und der Annahme eines von den Regierungsfraktionen eingebrachten Antrags, diese bis zum 1. Juli 2019 zu beseitigen, hat der Deutsche Bundestag auf seiner Sitzung am 16. Mai 2019 einen von diesen Fraktionen eingebrachten entsprechenden Gesetzentwurf ohne Gegenstimmen, allerdings bei Enthaltung der Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, LINKE und FDP sowie zweier Abgeordneter der AfD verabschiedet. Dieses Gesetz ist am 27.06.2019 im Bundesgesetzblatt Teil I verkündet worden. Informationen zur praktischen Umsetzung der Neuregelung – insbesondere für Menschen mit geistiger Behinderung – finden sich bei der Bundesvereinigung Lebenshilfe e.V.
Mit dem Gesetz werden auch ergänzende Regelungen getroffen. In § 14 BWahlG ist bestimmt, dass eine Stimmabgabe durch einen Vertreter (der stimmberechtigten Person) unzulässig ist, sich der des Lesens unkundige oder wegen einer Behinderung an der (selbstständigen) Abgabe seiner Stimme gehinderte Wahlberechtigte einer Hilfsperson bedienen darf. Diese darf allerdings auf die Wahlentscheidung keinen Einfluss nehmen. Ergänzend wird in § 33 Abs. 2 BWahlG klargestellt, dass die Inanspruchnahme einer Hilfsperson bei der Stimmabgabe das Wahlgeheimnis nicht verletzt; die Hilfsperson ist jedoch zur Geheimhaltung der durch die Hilfestellung erlangten Kenntnisse verpflichtet. Das heißt, dass die behinderte Person bei der Stimmabgabe persönlich im Wahllokal erscheinen muss, sich dort aber für die Abgabe ihrer Stimme einer Hilfsperson bedienen darf. Das Europawahlgesetz sowie die Bundeswahlordnung bzw. die Wahlordnung zum Europawahlgesetz werden durch entsprechende Klarstellungen geändert bzw. ergänzt. Zudem wird durch eine Ergänzung des § 107a Abs. 1 des Strafgesetzbuches (StGB) eine Stimmabgabe durch eine Hilfsperson, die ohne oder entgegen der erklärte(n) Willensbekundung des Wahlberechtigten erfolgt, unter Strafe gestellt. Es droht eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe.
Vorausgegangen war eine parlamentarische Auseinandersetzung, die insbesondere auf die die Große Koalition tragenden Parteien CDU, CSU und SPD kein allzu gutes Licht wirft. Bereits im Juli bzw. September 2018 waren von den Oppositionsparteien FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE zwei Gesetzentwürfe vorgelegt worden, die auf eine Beseitigung der nunmehr vom BVerfG für verfassungswidrig befundenen Wahlausschlüsse abzielten. Noch nach der Veröffentlichung des BVerfG-Beschlusses empfahl jedoch der federführende Ausschuss für Inneres und Heimat dem Plenum des Deutschen Bundestages – mit den Stimmen der Regierungsfraktionen – die Ablehnung der Gesetzentwürfe. Dies ist umso verwunderlicher, als nicht einmal eine Woche später von eben diesen Fraktionen der oben erwähnte Antrag eingebracht wurde. Wie meine Recherchen ergaben, enthält dieser nahezu alle Elemente, die in den zur Ablehnung empfohlenen Gesetzentwürfen enthalten sind. Die SPD-Fraktion gibt sogar offen zu, dass ihre Ablehnung der Gesetzentwürfe der „Koalitionsräson“ geschuldet sei, also dem Bemühen, es sich nicht mit dem Koalitionspartner CDU/CSU zu verderben. Auch die Haltung dieser Fraktion zu den Gesetzentwürfen ist nur schwer nachzuvollziehen. Insgesamt muss es aus der Sicht der betroffenen Menschen mindestens als schwer nachvollziehbar empfunden werden, dass die Regierungsparteien nicht einmal den Versuch unternommen haben, das Anliegen der Oppositionsparteien zu verwirklichen, die Wahlausschlüsse bereits für die im Mai 2019 anstehenden Europawahlen zu beseitigen. Jedenfalls bleibt der Eindruck, dass dies nicht völlig unmöglich gewesen wäre. Ausführlich können Sie dies alles hier nachlesen. Wer sich nur für die Beiträge in der erwähnten Bundestags-Debatte interessiert, kann sich entweder die von mir erstellte Zusammenfassung oder den offiziellen stenografischen Bericht dieser Sitzung ansehen.
Bietet SPD-Konzept Chancen für mehr Beschäftigung?
Am 10. Februar 2019 hat die SPD ihr Konzept „ARBEIT - SOLIDARITÄT - MENSCHLICHKEIT – EIN NEUER SOZIALSTAAT FÜR EINE NEUE ZEIT“ beschlossen und anschließend der Öffentlichkeit vorgestellt. Während die Diskussion der breiteren Öffentlichkeit, der Politiker und der Medien sich weitestgehend auf den Vorschlag konzentriert, „Hartz IV“ sowie „unsinnige Sanktionen“ durch ein neues „Bürgergeld“ zu ersetzen, sorgt bei mir ein eher am Rande diskutierter Bestandteil des Papiers für Aufmerksamkeit: In dem Abschnitt „Chancen und Schutz in der neuen Arbeitswelt“ (nur nebenbei bemerkt der erste Teil des Konzepts) findet sich die Vorstellung eines „Rechts auf Homeoffice“, also auf ein Arbeiten von zuhause aus (s. S. 7 des Konzepts). Wenngleich die SPD mit diesem Vorschlag in erster Linie flexibles Arbeiten erleichtern und somit den Interessen etwa von Familien mit Kindern entgegenkommen möchte, halte ich ihn für eine Riesenchance, mehr Menschen mit Behinderung ein Arbeiten auf dem ersten Arbeitsmarkt zu ermöglichen und damit auch bessere Verdienstmöglichkeiten zu eröffnen. Um dies zu dokumentieren, habe ich mich am 14.02.2019 mit einer E-Mail an die SPD-Vorsitzende, Andrea Nahles, gewandt und ihr Anmerkungen zu dem Konzept übermittelt, wobei ich besonders auf die vorstehend beschriebene Chance für Menschen mit Behinderung hingewiesen habe. Hier geht es zu dem Papier mit meinen Anmerkungen (eingefügt in Gestalt von Notizen).
Gesetz zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung verspätet in Kraft
Entgegen einer vollmundig formulierten Mitteilung des Bundesgesundheitsministeriums vom 16. Februar 2017 ist das vom Deutschen Bundestag gleichen Tag verabschiedete „Gesetz zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung“ (HHVG) erst am 10. April 2017 im Bundesgesetzblatt Teil I veröffentlicht worden und somit in seinen wesentlichen Teilen am 11. April 2017 in Kraft getreten und nicht – wie in der erwähnten Mitteilung angekündigt – „überwiegend im März 2017“. Es handelt sich hierbei um ein so genanntes Artikelgesetz, mit dem eine Vielzahl von Gesetzen und Verordnungen geändert worden ist, wobei darüber hinaus einzelne Regelungen noch zu unterschiedlichen Zeitpunkten in Kraft treten. Eine Zusammenfassung der für behinderte Menschen wichtigen Regelungen in Kurzform bietet auch der Bundesverband für körper- und mehrfachbehinderte Menschen e.V. (bvkm) in einem Merkblatt an. Ziel des Gesetzes ist diesen Informationen zufolge, die Rechte der Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen auf eine angemessene Hilfsmittelversorgung zu stärken.
Vermögensfreigrenze im Sozialhilferecht angehoben
Im Zusammenhang mit der parlamentarischen Behandlung des Bundesteilhabegesetzes (s. weiter unten auf dieser Seite) erging eine Aufforderung an die Bundesregierung, im Zuge der Verwirklichung eines „Rechts auf Sparen“ die Vermögensfreigrenzen im Sozialhilferecht anzuheben. Die hierfür notwendige Änderung der Verordnung zur Durchführung von § 90 SGB XII ist am 29. März 2017 im Bundesgesetzblatt Teil I veröffentlicht worden und zum 1. April 2017 in Kraft getreten. Für die um Hilfe nachsuchende Person gilt künftig eine Vermögensfreigrenze von 5.000 EUR, sofern sie volljährig oder minderjährig und alleinstehend ist (was hierunter zu verstehen ist, definiert § 1 Abs. 2 der Verordnung). Deren § 1 ist völlig neu gefasst worden; Hinweise zur Auslegung finden Sie in einem Merkblatt des Bundesverbandes für körper- und mehrfachbehinderte Menschen (bvkm) auf S. 3 f. (Dieses Merkblatt informiert gleichzeitig über Neuregelungen durch weitere Gesetze, so des Dritten Pflegestärkungsgesetzes und des Regelbedarfsermittlungsgesetzes). Um Ihnen einen Vergleich zu der bisher geltenden Regelung zu ermöglichen, können Sie hier die bisherige Fassung der Verordnung einsehen (ersetzen Sie hier bitte gedanklich jeweils die Worte „des § 64 Abs. 3“ durch die Worte „von Pflegebedürftigen der Pflegegrade 4 und 5“ [diese Änderung der Verordnung, die ansonsten seit Dezember 2003 unverändert galt, erfolgte durch Art. 6 des Dritten Pflegestärkungsgesetzes vom 23. Dezember 2016]).
Drittes Pflegestärkungsgesetz
Zum 1. Januar 2017 sind wesentliche Änderungen im Recht der gesetzlichen Pflegeversicherung (SGB XI) wirksam geworden. Eine Übersicht über die wichtigsten Änderungen hat das Referat „Recht“ des Bundesverbandes für körper- und mehrfachbehinderte Menschen (bvkm) zusammengestellt (s. Link im vorangehenden Artikel). Den kompletten Gesetzestext des SGB XI finden Sie auf der Website „Gesetze im Internet“.
Bundesteilhabegesetz verabschiedet
Mit Wirkung vom 1. Januar 2018 sind die wesentlichen Teile des Bundesteilhabegesetzes in Kraft getreten, das die Umsetzung der UN-BRK und damit eine Verbesserung der Hilfen für Menschen mit Behinderungen zum Ziel hat. Hierbei handelt es sich um ein so genanntes Artikelgesetz, mit dem mehrere Rechtsvorschriften gleichzeitig geändert werden. Teile des Gesetzes sind bereits zum 30. Dezember 2016 sowie am 1. Januar 2017 wirksam geworden, weitere werden bis zum 1. Januar 2020 folgen; Einzelheiten hierzu regelt Art. 26 des Gesetzes (BGBl. 2016 Teil I S. 3340, S. 107 des PDF-Dokuments).
Dieses Gesetz ist nicht unumstritten. Bereits nach der Vorlage des Regierungsentwurfs waren Zweifel laut geworden, ob mit dem Gesetzesvorhaben nicht in einigen Punkten Verschlechterungen statt Verbesserungen der Situation behinderter Menschen geschaffen würden. Das zeigen sowohl eine Stellungnahme von fünf Fachverbänden der Behinderten-Selbsthilfe als auch eine Petition zu diesem Gesetzesvorhaben, die von immerhin 10.101 Menschen mitgezeichnet wurde. (Trotz der nicht unbeachtlichen Zahl von Mitzeichnern wurde das Quorum [50.000] nicht erreicht, das den Deutschen Bundestag zu einer Behandlung des Anliegens einer Petition verpflichtet. Sie befindet sich daher offenbar [Stand: 28. Oktober 2018] noch immer im Status der Prüfung durch den Petitionsausschuss). Als weitere Materialien finden Sie die am 18. September 2016 von der Mitgliederversammlung des Bundesverbandes für körper- und mehrfachbehinderte Menschen e.V. (bvkm) verabschiedete „Würzburger Erklärung“, Materialien zu den Beratungen des Bundesrates, die am 23. September 2016 stattfanden, sowie eine Erklärung der Beauftragten für die Belange der Menschen mit Behinderung aus Bund und Ländern aus dem Oktober 2016, die seinerzeit ebenfalls zur Einflussnahme aufforderten.
Eine Website zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes hat der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. ins Leben gerufen.
Hinweis auf aktuelle Petitionen
Um die Inhalte dieses Webauftritts ein wenig zu entzerren und gleichzeitig übersichtlicher zu präsentieren habe ich mich entschlossen, eine gesonderte Seite für die Hinweise auf beim Deutschen Bundestag eingereichte Petitionen, die Interessen von Menschen mit Behinderung betreffen (könnten) einzurichten. Ab sofort finden Sie dort die bisher hier eingestellten Informationen.
Servicenummer 115 nun auch für Gehörlose
Seit dem 26. April 2010 kann die zentrale Behörden-Rufnummer 115 auch von Gehörlosen genutzt werden. Weitere Informationen finden Sie hier.